Am 07.07.2025 verstarb Prof. Dr. Dr. hc. Thomas Tittizer im Alter von 87 Jahren. Wir, die ehemaligen Kollegen, verlieren mit ihm einen hochgeschätzten Menschen, angesehenen Kollegen und geachteten Vorgesetzen. 

Thomas Tittizer wurde am 29.01.1938 in Pânkota, Rumänien geboren. Seine Familie stammte aus dem Hochschwarzwald und siedelte sich, als Teil der deutschsprachigen Gemeinschaft, im 19. Jahrhundert im Banat an. 

In Rumänien studierte er zwischen 1959 und 1964 Biologie an der Universität Timisoara und Bukarest, Fachrichtung Hydrobiologie mit Schwerpunkt Zoologie, Abschluss Diplom. Danach arbeitete er zwei Jahre als Gymnasiallehrer in den Fächern Biologie und Chemie und weitere zwei Jahre als Biologe am Staatl. Amt für Wasserwirtschaft der Bezirke Banat und Siebenbürgen mit Aufgaben im Bereich Gewässergüteaufsicht. 

1969 kam er als Stipendiat der Max-Planck-Gesellschaft nach Deutschland und promovierte 1973 an der Georg-August-Universität Göttingen, Fachrichtung Ökochemie. 
 
1974 bekam er eine Anstellung bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in der Zeit, als die Bundesanstalt ihre Rolle als zentrale wissenschaftliche Einrichtung des Bundes für Gewässerkunde und Wasserwirtschaft insbesondere für die Bundeswasserstraßen aber auch darüber hinaus festigte. Grundlage hierfür war die interministerielle Vereinbarung von neun Bundesministerien über die Durchführung von gewässerkundlich-wasserwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsaufgaben durch die BfG aus dem Jahre 1973. 

Ab Mitte der 1980er beschäftigte Thomas Tittizer sich zunehmend mit den Auswirkungen wasserbaulicher Maßnahmen auf die aquatische Lebensgemeinschaft und deren Bewertung (erheblich/unerheblich). Die Erkenntnisse und Ergebnisse wurden im Lauf der Zeit auch im Rahmen neuer Richtlinien der EU (UVPG, FFH-RL, WRRL), internationaler Vereinbarungen (Biodiversitäts-Konvention) und Gesetzgebungen (BNatschG, WHG) zunehmend bedeutsam. Dazu entwickelte er eine neue Standardmethode, die eine vom schwankenden Wasserstand unabhängige Erfassung des Makrozoobenthos an Bundeswasserstraßen (BWStr.) ermöglichte und die an allen Wasserstraßen fortan angewendet wurde.

Die Daten der darauffolgenden systematischen Untersuchungen wurden schon früh und kontinuierlich in eine Datenbank eingepflegt, was seinerzeit keineswegs selbstverständlich war. Sie dienten so als Grundlage vieler weiterer Untersuchungen und fundierter Expertisen bis hin zur Entwicklung des Verfahrens zur ökologischen Bewertung von BWStr. nach der Wasser-Rahmenrichtlinie (WRRL). 

Ein wichtiges Ereignis war 1986 der Brand bei der Firma Sandoz in Basel, als der Eintrag von 30 t Agrochemikalien einen maßgeblichen Teil der Fisch- und Kleintierfauna im Rhein massiv schädigte. Thomas Tittizer wurde seinerzeit hinsichtlich der Schädigung des Makrozoobenthos mit der Evaluierung beauftragt. Die damit verbundenen umfangreichen Untersuchungen waren Ausgangpunkt für eine fruchtbare Zusammenarbeit der BfG mit dem Bundesumweltministerium, den Bundesländern und den Internationalen Flussgebietsgemeinschaften sowie der Beginn des kontinuierlichen ökologisches Monitorings der BfG an den großen grenzüberschreitenden Flüssen Rhein, Donau und späterhin auch Elbe und Oder. 

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass Thomas Tittizer als Leiter des Referats Tierökologie (ab 1990) für die marinen BWStr. der Nord- und Ostsee sowie Fragestellungen zur terrestrischen Fauna der die Wasserstraßen begleitenden Flussauen zuständig war, später auch für die Fischökologie und zeitweise für die Ökotoxikologie. 

Dieser Umfang wurde 1990 durch die Wiedervereinigung Deutschlands auch räumlich wesentlich erweitert, als die Ostseeküste und die Flüsse und Kanäle als Bundeswasserstraßennetz der sogenannten „neuen Bundesländer“ hinzukamen. Dies führte 1990 zur Gründung der Außenstelle der BfG in Berlin mit der er fruchtbar und kollegial zusammenarbeitete. Dies wurde 1998 besonders deutlich, als Thomas Tittizer im Zuge der Zusammenlegung der beiden Dienststellen keine Mühen scheute, auch die neuen Ämter der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) gemeinsam mit dem nun in sein Referat integrierten Berliner Kollegen aufzusuchen und persönlich für die Fortsetzung des Vertrauens in die BfG zu werben.  Die direkte Beziehung zwischen der Fachinstanz BfG und dem operativen Bereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung lag ihm ja stets am Herzen.  

Ein weiteres sehr wichtiges Anliegen von Herrn Tittizer war aber auch immer Nachwuchsförderung sowie Forschung und Lehre. Er war Lehrbeauftragter der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main, der Technischen Universität Darmstadt, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie Honorarprofessor und Ehrendoktor der staatlichen Universität Pitesti/Rumänien und betreute zahlreiche Diplom- und Doktorarbeiten. Seine Schwerpunktthemen lagen dabei in Bereichen der angewandten Limnologie sowie die Einwanderung von Neozoen und deren Folgen, insbesondere im System Rhein - Donau über den 1992 fertiggestellten Main-Donau-Kanal. 

Auch im Ruhestand (2001) verließ ihn der Forscherdrang nicht. So leitete er das Projekt zur Wiederansiedlung der Eintagsfliegenart Palingenia longicauda (OLIVIER, 1791) in einigen Fließgewässern Deutschlands und Ungarns. 

Thomas Tittizer war Mitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen und Arbeitsgruppen. Hervorzuheben ist hier die Ehrenmitgliedschaft der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Donauforschung (IAD), deren Journal “Donau aktuell / Danube news” er mehrere Jahre herausgab sowie seine Mitgliedschaft im DIN-Arbeitskreis „Biologisch-ökologische Gewässeruntersuchungen“, der für die Normierung des Saprobinenverfahrens in der DIN 38410 verantwortlich war.

Eine Liste von ausgewählten Publikationen, Gutachten, Vorträgen etc. ist hier einsehbar. Stellvertretend sei hier die Studie „Ökosystemforschung: Der Rhein und seine Auen – eine Bilanz“ hervorgehoben, die er mit seinem Kollegen Falk Krebs federführend herausgab. 

Die hier genannten vielfältigen Arbeiten bewältigte Thomas Tittizer nicht alleine, sondern er baute um sich herum ein Team aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie technischem Personal nach seinen Vorstellungen auf. Zahlreiche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen konnte er fest in der BfG etablieren. Als Vorgesetzter war er ein Chef „alter Schule“ im besten Sinne. Fordernd und fördernd, durchsetzungsstark, verlässlich, stets an Neuem interessiert und immer auf Augenhöhe zu den Projekten und Aufgaben in seinem Referat. Dabei kümmerte er sich um seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht nur in beruflicher Hinsicht, sondern auch mit menschlich-privatem Interesse. Dabei gelang es ihm, die von ihm vorgelebten Eigenschaften auch von seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einzufordern, ohne jedoch deren Kreativität und Engagement einzuschränken. 

Mit dem Tode Thomas Tittizers, der eine Frau, drei Kinder und sieben Enkelkinder hinterlässt, verlieren wir einen in vielerlei Hinsicht wichtigen Menschen, der eine große Lücke hinterlässt und der uns stets in dankbarer Erinnerung bleiben wird. 

In alter Verbundenheit
Franz Schöllmit Kollegen und Kolleginnen